Lebensdaten
Kategorien
Der erzgebirgische Zeichner-Philosoph
Carlfriedrich Claus kam 1930 im westerzgebirgischen Annaberg-Buchholz zur Welt. Dort entfaltete der Autodidakt seinen avantgardistischen, utopischen Kunst-Kosmos. Er wurde im Mauerland zum international vernetzten Mitbegründer der visuellen Poesie. Im Stillen stand er mit Denkern in ganz Europa im Austausch, vor allem mit Ernst Bloch, dessen „Prinzip Hoffnung“ für Claus zum Impuls für den grandiosen Zeichenzyklus „Das geschichtsphilosophische Kombinat“ wurde. Er schuf filigrane Arbeiten auf Transparentpapier, das er beidseitig dicht bezeichnete und beschrieb, sodass die Linien Netze und Überlagerungen bilden und Figuren oder Landschaften ahnen lassen. Nicht lesbar im eigentlichen Sinne des Wortes, betrachtete Claus, den kunstferne Zeitgenossen für kauzig hielten, seine Sprachblätter, geschaffen von „Denkhand und Schreibhand“, wie er es nannte, als ein Randgebiet der Literatur. Innerhalb der vorgegebenen Grenzen sozialistischer Kunst fand sich für dieses hochkomplexe Werk kein Platz, so dass ihm in der DDR eine öffentliche Resonanz weitgehend versagt blieb. Er war Mitglied der subversiven Karl-Marx-Städter Künstlergruppe „Clara Mosch“. Nach dem Ende der DDR bekam der 1998 früh gestorbene Künstler-Philosoph Preise und fand Sammler; er wurde Mitglied der Akademie der Künste, erhielt das Bundesverdienstkreuz. Der universale Sprachkünstler und Zeichner hinterließ ein Gesamtkunstwerk zwischen Klanggebilden, Lautprozessen und so experimenteller wie sinnlicher Poesie. Und leidenschaftlich untersuchte er innere Zusammenhänge an der Schnittstelle zwischen Ethik und Ästhetik. Sein Werk beinhaltet komplexe Exkurse zwischen Marxismus und Humanismus, zwischen Paracelsus, Goethe, Eluard und Bloch, zwischen Christentum, Kabbala, Zen-Buddhismus und Kybernetik. Kunst hatte für Claus, der sein Gesamtwerk schon als Vorlass in die Chemnitzer Kunstsammlungen als „Claus-Archiv“ gab, eine „utopische Funktion“. Die Vision von der Gleichheit und dem Recht und dem Glück aller Menschen bekam von ihm einen endlosen, unergründlichen „Denkraum“, sein fast religiöses Plädoyer für die „die Naturalisierung des Menschen und die Humanisierung der Natur“.
Text: Ingeborg Ruthe
Hinter diesen Begriffen verbergen sich viele weitere Werke