Lebensdaten
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Umdeutung
Aufgewachsen in einer wohlhabenden Familie, genoss sie in ihrer Kindheit eine umfangreiche Bildung. Sie besuchte Privatschulen in Leipzig (1904–09) und Philadelphia (1910– 11), bevor sie ein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) aufnahm. Danach reihte sich Voigt in eine künstlerische Elite ein: Sie studierte bei Karl Hofer in Berlin (1919– 27), erhielt das Max-Liebermann-Stipendium (1929) und wurde Protegé von Käthe Kollwitz (1928– 33).
Anders als Hofer und Kollwitz, die künstlerisch diffamiert wurden und ihre Lehraufträge verloren, kam Voigt in der Zeit des Nationalsozialismus glimpflich davon. So erhielt sie das Rom-Stipendium der Akademie (1934– 35), den Berliner Kunstpreis (1941) und verkaufte arkadische Landschaftsbilder, gemalt auf Reisen in Tirol, an Sammler:innen aus Parteikreisen. Nach dem Krieg wurde Voigt Professorin an ihrer Alma Mater, der HGB in Leipzig (1946-52), wo sie die nächste Generation von Künstler:innen ausbildete, darunter Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke. Weil sie jedoch für formale Experimente in ihrer Lehre eintrat, verlor sie die Stelle, verließ den Verband Bildender Künstler der DDR und erhielt als Abfindung einen Lehrstuhl am Institut für Kunsterziehung der Karl-Marx-Universität (1952– 58).
Voigts Werwolf-Reihe (1929– 31) basiert auf Hermann Löns' gleichnamigem Roman über Bauern, die sich während des Dreißigjährigen Kriegs gewaltsam gegen Plünderer wehrten. Das Buch wurde zur Nazi-Folklore und fand ab 1939 weite Verbreitung als Kriegspropaganda. Obwohl diese Holzschnitte unter der Aufsicht von Käthe Kollwitz entstanden – die Voigt im Gegensatz zu ihrer früheren Neigung zum detailreichen Stil der Spätgotik zu einer expressionistischen Ausdrucksweise mit kühnen, weißen Linien in großen dunklen Räumen dirigierte – wurden sie von den Nazis auf der Großen Deutschen Kunstausstellung 1937 in München gefeiert. In den 1950er Jahren kehrte Voigt zum Thema des Dreißigjährigen Krieges zurück, allerdings mit ganz anderen politischen Zielen: Sie schuf gestische Illustrationen für Bertolt Brechts pazifistisches Drehbuch Mutter Courage. Voigts Geschichte erinnert daran, dass historische Präzedenzfälle und künstlerische Stile im Lauf der Zeit sehr unterschiedlich gedeutet werden können.
Text: Tobias Rosen, Übersetzung: Luise Mörke
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