Edmund Kesting

  • * 1892
  • † 1970

Lebensdaten

  • Künstler:in

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Der Experimentator

Edmund Kesting, 1892 in Dresden geboren, studierte ab 1911 Malerei und Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule Dresden und setzte 1915 sein Studium an der Akademie der bildenden Künste fort. Nach dem Ersten Weltkrieg galt vielen Künstler:innen das Feiern der freien Formen und Farben als einzig gangbarer Weg des Ausbruchs aus dem irreal Realen. Auch Edmund Kesting, als Soldat von 1915 bis 1918 in den Ardennen stationiert, suchte nach neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln. Als wegweisend galt hierbei die Dresdner Ausstellung der Berliner Gruppe Sturm um Herwarth Walden (1919) und die Bekanntschaft mit ihm (1921) und Künstlern wie Wassili Kandinsky, Kurt Schwitters, Alexander Archipenko oder Marc Chagall.

In ein Farbenfeuerwerk taucht und mit explosiver Dreistigkeit formte Kesting, nach dem Ersten Weltkrieg Meisterschüler von Otto Gussmann, seine Bauwerke auf Papier.

In dem 1925 entstandenen Ölbild Einsames Haus sind Gebäude und Umgebung nun aus farblich kontrastierenden geometrischen Formen und Linien konstruiert. In diesen „Bildbauwerken“ der 1920er-Jahre – Objekte, Assemblagen, Schnittcollagen oder verschränkte Leinwände – untersucht Kesting die Vielfalt von Material und spannt den Bogen zwischen Freiheit und Strenge der Komposition.

Ab Mitte der 1920er-Jahre erweiterte sich Kestings Wirkungskreis – er war international gut vernetzt und seine Werke auf vielen Ausstellungen vertreten. Im Zuge der Rückkehr der Gegenständlichkeit durch die Etablierung der Neuen Sachlichkeit brach um 1927 auch Kestings konstruktivistische Phase ab, und er bezog mehr und mehr ein anderes Medium in sein Schaffen ein: Inspiriert von Künstlern wie László Moholy-Nagy oder Oskar Nerlinger beschäftigte er sich intensiv mit der Fotografie. Auch hier zeugen Mehrfachbelichtungen, Fotogramme und Negativmontagen von seiner Freude am Experiment und seiner Suche nach neuen Bildlösungen. Meisterhafte Porträts und dynamische Tanzszenen standen bald im Zentrum seines fotografischen Schaffens.

Bereits als Student gründete Kesting 1919 die private Kunstschule Der Weg – Schule für Gestaltung, die 1926 eine weitere Dependance in Berlin erhielt. 1933 wurden die „Weg-Schulen“ von den Nationalsozialisten geschlossen, Kesting erlebte die erste Hausdurchsuchung und vernichtete daraufhin einige seiner „Bildbauwerke“. Das Atelier wurde ihm gekündigt und er flüchtete unter politischem Druck und vor ideologischer Vereinnahmung in die Sach- und Architekturfotografie, verdiente als Werbefotograf sein Geld, dokumentierte die Stadt Dresden und die Exponate des Grünen Gewölbes. 1936 wurde Kesting ein Mal- und Ausstellungsverbot auferlegt, 1937 zwölf seiner Werke als „entartet“ aus deutschen Museen entfernt.

In jenen dunklen Jahren suchte er nach einer Symbiose von Fotografie und Malerei und entwickelte er die Technik der sogenannten „Chemischen Malerei“, bei der er mit Säuren und Tuschen auf lichtempfindlichem Papier experimentierte. Die Üppige Vegetation aus dem Jahr 1941 ist ein Beispiel dieses Experiments, steht in völligem Kontrast zu den Bildwerken aus der Vorkriegszeit und nimmt die Entwicklung der informellen Malerei im Nachkriegseuropa vorweg.

1945 wurde Kesting zum Initiator der bis 1948 aktiven Künstlergruppe Der Ruf – befreite Kunst, welche die künstlerische Avantgarde mit sozialistischer Orientierung verbinden wollte. 1946 leitete er an der Dresdner Akademie für Werkkunst die Lehrwerkstatt Fotografie und Film, nach seiner Entlassung 1948 die Fachklasse für Fotografie an der Hochschule für Bildende und Angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. 1953 entließ man ihn im Zuge des Formalismusstreits abermals. Von 1955 bis 1960 war er an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg tätig. 1958 erschien sein Buch Ein Maler sieht durch’s Objektiv. Als Edmund Kesting 1970 in Birkenwerder starb, hinterließ er ein umfassendes und vielschichtiges Werk, in denen sich facettenreich die Avantgarden des 20. Jahrhunderts in der bildenden Kunst wie auch in der Fotografie wiederfinden.

Text: Anke Paula Böttcher

Werke von Edmund Kesting

Tourneeausstellung

Publik machen: 40 Künstler:innen aus dem Bestand des Zentrums fürs Kunstausstellungen der DDR

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