Toni Florence Mau

  • * 1917
  • † 1981

Lebensdaten

  • Künstler:in

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Experimentierfreudige Siebdruckpionierin mit kauzigem Humor

Toni Florence Mau ist mit Sicherheit eine der experimentierfreudigsten Künstler:innen der DDR gewesen, auch wenn ihre fantasievollen Formenwelten in der DDR wenig Aufmerksamkeit erfuhren. 1917 in Berlin-Reinickendorf geboren, zwischen 1934 und 1946 in Charlottenburg studiert sowie ab 1953 in Berlin-Weißensee gelehrt, lebte die freischaffende Grafikerin und Bildhauerin in Berlin-Schöneiche. Was für Arno Mohr die Lithografie ist, ist für Toni Mau der Siebdruck: Anfang der 1950er- Jahre ist sie eine der ersten Künstler:innen in der DDR, die sich mit der Schablonentechnik beschäftigt. In den Werkstätten des (Ost-)Berliner Künstlerverbandes richtet sie Siebdruck-Kurse ein und vermittelt Studierenden der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Grundkenntnisse darin. Obwohl Toni Mau wegen guter künstlerischer Lehrtätigkeit geachtet ist und in kompakt-konturierten Motiven wie Bäuerinnen-Porträts, Mutter-Kind-Szenen und Strandlandschaften eine politisch erwünschte Zuversicht unterstreicht, verliert sie nach nur vier Jahren wegen Formalismusverdacht ihre Dozentur. Nichtsdestotrotz ist Toni Mau Mitglied im Verband Bildender Künste und ihre Werke sind auf vielen Ausstellungen der DDR zu sehen. Immer wieder kauft der FDGB druckgrafische Blätter bei Toni Mau an und sie erhält Aufträge für baugebundene Kunst in Ost-Berlin. Am prominentesten dürften ihre bis heute sichtbare Bleiverglasungsmalerei im Roten Rathaus sein, die Putzkeramik Entwicklung der Raumfahrt auf einem Wandgiebel in Prenzlauer Berg und das figürliche Sandstein-Relief im Eingangsbereich der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.

Doch mit Abstand am spannendsten sind ihre freien expressiven druckgrafischen Arbeiten voller Traumlandschaften und Fabelwesen, die an mittelalterliche Mysterienspiele erinnern. Ihr schaffensreichstes Jahr ist 1964. Zwei Jahre später hat sie zudem eine Kupferdruckpresse und kann erstmals auch Relief- und Rauflächendrucke realisieren. Ihre Themen sind immer wieder die Natur (der Frau), Märchenwelten und Zukunftsträume, Fantasien sowie Emotionen, welche sie in einem faszinierenden Spannungsverhältnis zwischen figürlicher und abstrakt-surrealer Darstellungsweise hält. Werktitel wie Sangesfreudige Zwitterwesen, Mikroleben oder Gehupt wie gesprungen zeugen von Maus Humor und ihrer poetischen Fantasie. „Die Sensibilität der Künstlerin“, so schreibt eine Kunsthistorikerin 1974 anlässlich einer Mau-Ausstellung in der Berliner Galerie im Turm,„registriert Spannungen unserer konfliktreichen Zeit und deren Einfluss auf Gemütsleben und Verhaltensweisen. Die anthropomorphen Tier- und Pflanzengebilde, die auf ihren grafischen Blättern und in den Miniaturen zu eigenwilligem Leben entstehen, sind visuell gestaltete Metaphern dieser Probleme“[1]. Sieben Jahre später verstirbt die Frau, die neben Künstlern wie Arno Mohr, Herbert Sandberg oder Theo Balden auf ganz eigene Art die Berliner Kunst der Nachkriegszeit geprägt hat. Toni Maus Engagement um den Siebdruck und die Druckgrafik in der DDR ist bis heute nicht ausreichend erforscht und gewürdigt. Auch sie ist eine „lost women“[2] der ostdeutschen Kunstgeschichte, die erst dreißig Jahre nach dem Mauerfall von Institutionen wie dem Schloss Biesdorf bei Berlin voller Überraschung entdeckt wird.

Text: Sylvie Kürsten


[1] Ewa Garztecka in einem Faltblatt zur Ausstellung „Toni Mau“ in der Galerie im Turm, Berlin, 1974

[2] Bei diesem Begriff orientieren wir uns an dem Film- und Onlineprojekt „Lost Women Art - Ein vergessenes Stück Kunstgeschichte“ aus dem Jahr 2021, https://www.lostwomenart.de

Tourneeausstellung

Publik machen: 40 Künstler:innen aus dem Bestand des Zentrums fürs Kunstausstellungen der DDR

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