Hans Ticha

  • * 1940

Lebensdaten

  • Künstler:in

Kategorien

Ein Pop-Artist, der in kein Raster passt

Was immer der 1940 geborene Ticha, der einst an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Kurt Robbel und Arno Mohr studierte, malt, erfasst das Wesentliche. Auf provokant-satirische Weise, figurativ und zugleich schablonenhaft abstrahiert. Alles wirkt gnadenlos nah, stilisiert, fast distanziert. Er war einer der singulären Pop-Art-Ironiker der DDR, die ihr Zeitgefühl in Bilder packten. Damals von der Stasi beargwöhnt, lebte er gefährlich. Seine bissige Kunst kannten nur Freunde. Verraten hat ihn keiner. Formal lässt die Ironie in seinen Bildern bis zum Mauerfall 1989 an die Pop-Art des Westens denken. Aber der Inhalt war anders: Ticha klebte die verratenen Ideale und verlogenen Rituale der „Sieger der Geschichte“ auf Pinsel und Siebdruck-Schablonen, provokant, ganz im Stile des Agit Prop: die opportunistisch klatschenden „Claqueuer“, die „Alles-Hörer“ mit riesigen Ohren, die stempelnden „Bürokraten“ und selbstgefälligen feisten Funktionäre, ebenso die „Agitatoren“, „Ordensträger“, „Fahnenschwenker. Es ist die seltsame, nicht ganz greifbare Ticha-Ikonografie, destilliert zu einem eigenwilligen Bildkosmos aus dem russischen Konstruktivismus eines Malewitsch und dessen Lubok-Figuren, aus dem Konstruktivismus des Franzosen Leger, aus den Bauhausfigurationen Schlemmers und der amerikanischen Pop-Art. Alles war grandiose Persiflage auf eine stereotype, ritualisierte, von Machtinstrumentarien diktierte Siegerwartung, wie sie einst auch den DDR-Sport prägte – und noch heute das internationale Wettkampfgebaren, das Höher, Schneller, Weiter wegen der rücksichtslosen und umweltzerstörenden Macht des Geldes sogar bis zum Doping.

Der Ironiker Hans Ticha passt noch immer in kein Raster. Er steckt seine Zeitsicht, sein Zeitgefühl in Bilder, ob es damals die vollbusige FDJlerin war oder ein heutiges Werbegirl mit aufgespritzten Lippen und operiertem Vorbau. Im Jahr der deutschen Wiedervereinigung zog Ticha weg aus Berlin, nach Hochstadt ins Rhein-Main-Gebiet. Aber Ironie blieb ihm Pflicht. Heute heißen die kalt stilisierenden Bilder etwa: „Schöner wohnen“, „Wir bieten Ihnen ...“, „Idol“, „Pauschalreise“ oder „Live Sex“. Noch immer sind es sarkastische Paraphrasen auf Ja-Sager, Opportunisten, Seelen-, und Glücksverkäufer.

Text: Ingeborg Ruthe

Werke von Hans Ticha

Tourneeausstellung

Publik machen: 40 Künstler:innen aus dem Bestand des Zentrums für Kunstausstellungen der DDR

    Beliebte Schlagworte

    Hinter diesen Begriffen verbergen sich viele weitere Werke

    Blick in die Sammlung