Eva-Maria Schreiter

  • * 1944

Lebensdaten

  • Künstler:in

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Intime Apparate

Eva-Maria Schreiter (1944 in Freital) verfolgte eine dynamische Zeichenpraxis, die sich nicht im Atelier abspielte, sondern in Krankenhäusern, Küchen, Lehrerzimmern, Wohnheimen oder den Besucherräumen von Militärkasernen. Ihre Kunst, die in intimer Beziehung zu den Abgebildeten steht, war teils soziologische Dokumentation, teils Impuls, über verschiedene soziale Rollen nachzudenken.

Schreiter studierte Grafik bei Günter Horlbeck an der Hochschule der bildenden Künste Dresden (1966-71) und blieb dort ein weiteres Jahrzehnt als Assistentin von Horlbeck (1971-82), dann als Leiterin des Studiums Restaurierung (1976-82). In der Abteilung Zeichnung, Malerei, und Skulptur war sie von insgesamt 27 Fakultätsmitgliedern eine von drei Frauen. Dass Schreiter heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist, liegt einerseits an ihrer Marginalisierung als Frau, andererseits an ihrer Nähe zur offiziellen sozialistischen Doktrin. Schreiters direkte Auseinandersetzung mit ihren Sujets ergab sich aus der Vorgabe, Kunst und Gesellschaft zu vereinigen. In der DDR zierten die daraus resultierenden Werke öffentliche Räume wie z.B. Schulzimmer.

1981 verbrachte Schreiter einige Zeit im Kreißsaal der Dresdener Medizinischen Akademie, wo sie Frauen während der Geburt, Babies bei ihrem ersten Atemzug oder die raschen Gesten der Hebammen skizzierte. Ihre Radierungsreihe Für Leben destilliert diese Beobachtungen, indem sie diagrammatische Gitter und Umrisse von Gestalten, die an Krankenhausfliesen und technische Geräte erinnern, über Zeichnungen von Neugeborenen, Föten, und Gebärmüttern legte. Die Zeichnungen spiegeln die neu eingeführten politischen Maßnahmen zur Standardisierung der Hebammenausbildung, zur Verbesserung von Schwangerschaftsfürsorge, und zur Senkung der Mütter- und Säuglingssterblichkeit. Schreiter gehört zu einer Gruppe von ostdeutschen Künstlerinnen mit ambivalentem Renommee, wie Lea Grundig und Eva Schulze-Knabe, die trotz der patriarchalen Gesellschaft staatlich sanktionierte Karriere aufbauen konnten und dabei geschlechtergerechte Veränderung vorantrieben.

Text: Tobias Rosen, Übersetzung: Luise Mörke

Tourneeausstellung

Publik machen: 40 Künstler:innen aus dem Bestand des Zentrums für Kunstausstellungen der DDR

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